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Tanzanden Derwische

Islamische Mystik und die Tanzenden Derwische

Christen und Muslime – das Treffen in der Mystik

Im grossen Saal der katholischen Pfarrei Maria-Lourdes in Zürich-Seebach kamen am 10. Januar 2020 mehr als 160 Personen zusammen, um gemeinsam in die Welt der Mystik einzutauchen.

In seinem Referat hat Herr Dr. Taner Hasan Hatipoglu, Präsident der Stiftung SERA, zuerst einige Begriffe erläutert; Sufismus bedeutet islamische Mystik. Ein praktizierender Mystiker heisst Sufi oder Derwisch. Der Pfad eines Derwisches hat mehrere Stationen in seinem Leben: Islamische Gesetzgebung und empfohlene Handlungen (Scharia), der mystische Weg (Tariqa), Wahrheit (Haqiqa) und die Erkenntnis der göttlichen Einheit (Ma`rifa).

Es gibt mehrere Sufi-Orden weltweit, welche im elften und zwölften Jahrhundert gegründet wurden, wie Rufai, Yesevi, Bektaschi, Naqschibendi. Der Mevlevi-Orden wurde durch Maulana Dschalālad-Dīn Rūmī (1207-1273, Konya-Türkei) gegründet, der als «Pol der Liebe» bekannt ist. Seine Liebe zu allen Geschöpfen Gottes, zu den Menschen wird durch seinen folgenden, sehr berühmten Spruch zum Ausdruck gebracht: «Komm! Komm! Wer du auch bist. Wenn du auch Götzendiener oder Feueranbeter bist. Komm! Dies ist die Tür der Hoffnung, nicht der Hoffnungslosigkeit! Auch wenn du Tausendmal dein Versprechen gebrochen hast. Komm! Komm! Noch einmal, komm!». Weiter sagte er: «Finde das Schöne in deinem Herzen, auf dass du es in jedem Herzen entdeckst.»

Der mystische Tanz, Sema, ist ein Markenzeichen des Mevlevi-Ordens. Der Tanzende Derwisch (Semazen) versucht durch das Drehen um die eigene Achse mit Sufi-Musik die Harmonie mit der Schöpfung zu erreichen, von kleinster Zelle bis zu den Planeten im All. Der rechte Arm des Tanzenden Derwisches ist mit geöffneter Hand nach oben zum Himmel erhoben, um Gottes Wohltätigkeit zu empfangen, während die linke Hand, auf die der Semazen seinen Blick richtet, zur Erde zeigt und damit Gottes Gaben an Seine Geschöpfe weitergibt.

In der neuen Zeit gibt es auch Bewegungen, welche sich an der islamischen Mystik orientieren, zum Beispiel Hizmet (Gülen Bewegung). Christoph Bultmann ist Professor für Evangelische Theologie im Martin-Luther-Institut der Universität Erfurt. Er schreibt: «Herr Fethullah Gülen vertritt selbstbewusst eine Glaubensrichtung, die in der Türkei an die Tradition von Said Nursi anknüpft, die im Rahmen des Sufismus zu verankern ist, oder sich mindestens an Traditionen des Sufismus anlehnt».

Vor der Pause hat Herr Dr. Taner Hasan Hatipoglu auch einige Beispiele über die Mystiker in Christentum gegeben. Hl. Franziskus von Assisi (1181 -1226) hat in seinem «Testament» folgendes aufgeführt: «So hat der Herr mir, dem Bruder Franziskus, gegeben, das Leben der Busse zu beginnen: Denn als ich in Sünden war, kam es mir sehr bitter vor, Aussätzige zu sehen. Und der Herr selbst hat mich unter sie geführt, und ich habe ihnen Barmherzigkeit erwiesen. Und da ich fortging von ihnen, wurde mir das, was mir bitter vorkam, in Süssigkeit der Seele und des Leibes verwandelt.»

Näher zu unserer Zeit, im Jahre 1949 hat die Katholikin Chiara Lubich (gest. 2008), Gründerin der Fokolar-Bewegung, ausgeführt (noch nicht veröffentlicht): „Es gilt, beständig solche lebendigen Zellen des Mystischen Leibes Christi zu bilden – das heisst Brüder und Schwestern, die in seinem Namen vereint sind -, um den Leib als Ganzen zu beleben…..Doch wenn jeder von uns sich in den anderen (den Bruder, die Schwester) hineinverliert und mit ihm eine Zelle bildet (eine Zelle des Mystischen Leibes), dann wird er zum ganzen Christus, zum Wort, zum WORT. Das ist gemeint, wenn Jesus sagt: «… und das Licht, das Du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben (Johannes 17, 22)»’’.

Nach der Pause hörte man den Klängen aus der Rohrflöte Ney zu. Dem Gebetsruf (Ezan) folgend wurde Sufi-Musik gespielt. Am Höhepunkt des Abends hat der Derwisch, Herr Abdulkadir Dikici, ehemaliger Präsident der Stiftung Rumi Universität in Konya-Türkei, den mystischen Tanz vorgeführt.

Zum Abschluss wurden u.A. folgende Verse aus dem Koran zitiert: «Unter dem Volke der Schrift (Juden und Christen) gibt es eine Gemeinschaft, die stets die Verse Gottes – zur Zeit der Nacht – rezitieren und sich dabei niederwerfen. Diese glauben an Gott und an den Jüngsten Tag, gebieten das, was Rechtens ist, und verbieten das Unrecht. Sie wetteifern miteinander in guten Werken. Diese gehören zu den Rechtschaffenen.» (Kapitel 3, Verse 113-114)

Die Veranstaltung wurde mit der Beantwortung der Fragen aus dem Publikum abgeschlossen.

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